Notfallmedizin 2018 - neueste Entwicklungen im Überblick

(24.05.2018, Pharma-Zeitung.de) Die Notfallmedizin gehört mit zu den wichtigsten Bereichen der Medizin an sich. Es sind die ersten Minuten nach einem Unfall oder einem anderen Ereignis, die über das Leben oder den Tod entscheiden. In den vergangenen Jahren hat sich auf diesem Gebiet viel getan, in anderen Belangen sind die Wissensstände jedoch nahezu katastrophal. Denn auch die beste Notfallambulanz kann nur wenig ausrichten, wenn die Grundlage nicht sichergestellt wurde - die Erste Hilfe vor Ort. Zudem gibt es gerade in ländlichen Gebieten lange Fahrtwege, die Notfallsanitäter oft erst spät eintreffen lassen. Dieser Artikel sieht sich die Entwicklungen einmal an und schaut, was sich getan hat.

Neueste Entwicklungen und Fragestellungen

Vor Ort muss es schnell gehen. Dafür muss natürlich jeder Handgriff sitzen und das Team aufeinander eingespielt sein. Da Notärzte jedoch stets mit unterschiedlichen Teams arbeiten, ist das Einspielen gar nicht so einfach. Auch um dieses Problem zu beheben, wurden Regeln und Checklisten geschaffen, an denen sich Ärzte und Sanitäter vor Ort orientieren. Neueste Erkenntnisse lassen aber Fragen aufkommen und könnten eben diese Regelungen verändern:

- Reanimation - muss ein Patient reanimiert werden, sagen die Verfahren aktuell, dass erst drei Schockbehandlungen erfolgen müssen, bevor das Medikament Amiodaron verabreicht werden darf. Mittlerweile wurde herausgefunden, dass es sinnvoller ist, das Medikament direkt bei dem Kammerflimmern zu geben und überhaupt nicht zu warten. Allerdings dürfen sich Ärzte bislang nicht an die neuen Erkenntnisse halten, sondern müssen die ehemalige Vorgabe beachten: Erst Adrenalin, warten, bis nach dem dritten erfolglosen Schock, dann Amiodaron.

- Zivilschulungen - selbst mit der besten Infrastruktur vergehen immer Minuten, bis der Notarztwagen eintrifft. In diesen Minuten ist der Patient auf die Zivilbevölkerung angewiesen. Und genau hier muss sich etwas verändern. Nicht nur sind Kurse in der Ersten Hilfe praktisch nur in Verbindung mit dem Führerschein und einigen Hobbys Pflicht, die meisten Kurse sind oberflächig und bringen kaum etwas. An dieser Stelle muss sich etwas ändern. Ein Beispiel könnte Seattle sein. Nicht nur hängen hier an Mülleimern Defibrillatoren, auch muss jeder Bürger der Stadt einmal jährlich einen Erste-Hilfe-Kurs absolvieren.

- Adrenalin - bislang müssen Notärzte im Rahmen einer Reanimation alle drei bis fünf Minuten Adrenalin spritzen. Die Dosis ist auf 1 mg festgelegt, unabhängig vom Gewicht oder Alter des Patienten. Mittlerweile wird jedoch deutlich, dass das Mittel gar nicht immer so hilfreich ist. Es könnte sein, dass ab 2020 auch andere Medikamente während der Reanimation genutzt werden und Adrenalin genau da zum Einsatz kommt, wo es wahre Stärken hat: Blutdruckabfall, Anaphylaxie.

Wie ist die notfallärztliche Bilanz?

Grundsätzlich haben Notärzte - unabhängig davon, ob sie auf dem Wagen sind oder in der Ambulanz - viel zu tun. Was damit zusammenhängt, dass viele Menschen den Notdienst rufen oder in die Ambulanz fahren, ohne dass ein Notfall vorliegt. Da kann eine eintägige Verstopfung eines ansonsten völlig gesunden Mannes schon zu einem nächtlichen Noteinsatz führen oder eine Frau, die vor Tagen umgeknickt ist und leicht humpelt, den Notarzt mitten in der Nacht aus dem Bett holen. Auch die Notfallambulanzen der Krankenhäuser beklagen dieses Problem, denn hier tauchen immer häufiger Menschen mit wahren Wehwehchen auf. Und das bringt echte Schwierigkeiten mit sich:

- In Stadtgebieten - hier ist die Notarztdichte höher, sodass unnütze Einsätze eher zu verschmerzen sind. Dennoch blockieren diese Einsätze wieder Rettungsfahrzeuge, die woanders oft schmerzlich vermisst werden.

- Auf dem Land - mitunter ist es verständlich, dass der Rettungsdienst für Kleinigkeiten gerufen wird, da die Arztdichte in vielen Landgebieten katastrophal ist. Dennoch blockieren diese Einsätze die Einsatzkräfte für echte Fälle.

Gerade auf dem Land sind die Einsatzzeiten häufig länger, wie auch die Wege. Da die Dichte an Notärzten geringer ist und in vielen Gebieten auf Helikopter zurückgegriffen werden muss, um einen schnellen Einsatz vor Ort zu gewährleisten, gibt es hier nicht nur aufgrund der Kleinsteinsätze Probleme. Die rasche Hilfe kann längst nicht immer sichergestellt werden, wodurch sich die Chancen von Patienten bei ernsten Notfällen deutlich verschlechtern. An dieser Stelle muss auch die Regierung ansetzen:

- Versorgung - die Landesregierungen planen an vielen Orten wesentlich zu wenige Rettungskräfte und Fahrzeuge ein. Gleichzeitig stimmt die Infrastruktur nicht, sodass einzelne Rettungswachen eine viel zu große Fläche abdecken müssen.

- Wartezeiten - in Baden-Württemberg und Rheinland Pfalz sah es im Jahr 2016 so aus, dass jeder fünfte Baden-Württemberger und jeder dritte Pfälzer nur eine fünfzigprozentige Chance darauf hatte, dass der Rettungsdienst innerhalb von zehn Minuten eintraf.

Die Regierung sieht eine maximale Zeit von 15 Minuten vor, die bei einem Herzstillstand praktisch schon das Todesurteil bedeutet. Das gilt besonders, wenn die Ersthelfer vor Ort praktisch nie die Reanimation gelernt haben, da diese in den Führerscheinkursen nur am Rande angesprochen wird. Eine andere Problematik betrifft die Einsatzkräfte vor Ort und auf dem Weg:

- Blockierungen - Rettungsfahrzeuge aller Art werden mittlerweile vermehrt aufgehalten. Wie das aussieht, kennt wohl jeder von Autobahnen mit nicht-existenten Rettungsgassen und Gaffern auf den Straßen.

- Angriffe - selbst Notärzte und Rettungssanitäter werden immer häufiger angegriffen oder bei ihrer Arbeit gehindert.
All dies führt natürlich unweigerlich dazu, dass die Chancen jedes einzelnen Patienten tatsächlich sinken, denn ein Notarzt, der am Patienten angegriffen wird, kann diesen kaum wiederbeleben.



Fazit - es muss sich einiges ändern

Das Rettungssystem kann funktionieren, dennoch müssen sich Änderungen ergeben. Neue medizinische Fakten müssen früher an die Ärzte und Sanitäter weitergegeben werden, gleichzeitig muss sich aber auch die Versorgung und Infrastruktur in vielen Bereichen verbessern. Eine weitere Problematik ist die Nutzung des Rettungsdienstes oder der Notfallambulanzen als bequemer Ausweichort voller Hausarztpraxen. Dies können jedoch nur die Länder und Kassen ändern, da sie eine Lösung finden müssen, dass Patienten nicht mehr wochenlang auf einen Termin warten müssen - nur, um dann doch ins Krankenhaus geschickt zu werden, weil ihr das einzige Röntgengerät steht. Ein weitaus stärkerer Fokus muss zudem auf die Erste Hilfe gelegt werden. Sie sollte nicht nur um Rahmen des Führerscheins verpflichtend sein - und vor allem nicht nur einmalig.

Bildquellen:
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